Eintrag aus dem Lexikon-Teil der Publikation Schreiben über Schreiben.
Fragment, das: Stück eines Ganzen. Gleich eines verschriftlichten Coitus interruptus wird das angestrebte Ziel – die hingebungsvolle Rezeption des Werks – jäh verhindert. Sehnsüchtig dürstet jede Faser des Lesers nach Vollendung, umso verzweifelter, da feststeht, dass es sie nie geben wird. Geistige und selten körperliche Unbefriedigung sind deutliche Symptome des Konsums eines Fragments. Es kann einerseits durch Verlust eines oder mehrerer Teilstücke oder durch Nichtfertigstellung entstehen (non-finito). Ad infinitum lassen sich im Nachhinein die Möglichkeiten spinnen, die der nicht vorhandene Teil bergen könnte.
Eine besondere Form des Fragments stellt eine absichtlich gewählte unvollendete Textgattung dar. Hierbei enthält der Verfasser bewusst einen oder mehrere Teile des Werks vor, mit dem klaren Vorteil der